Außergewöhnliche Belastungen – Umbaukosten aufgrund einer Behinderung oder aus Altersgründen


01.10.2014 | Weingardt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits in den vergangenen Jahren in mehreren Urteilen festgestellt, dass behinderungsbedingte Um- oder Neubaukosten wie auch die damit zusammenhängenden Finanzierungsaufwendungen zu außergewöhnlichen Belastungen gem. § 33 EStG führen. So wurden mit Urteil vom 22.10.2009 – VI R 7/09 die Umbaumaßnahmen für einen Steuerpflichtigen, der nach einem schweren Schlaganfall unter starken gesundheitlichen Einschränkungen litt, nach Kürzung um die Zuschüsse der Krankenkasse, zum Abzug zugelassen. Eine etwaige Werterhöhung des Grundstückes wurde als nicht wesentlich betrachtet, da die Aufwendungen ganz überwiegend zwangsläufig erforderlich waren. Der Behindertenpauschbetrag gem. § 33b EStG wird neben den zusätzlichen Krankheitskosten bzw. hier den Umbaukosten gewährt, da durch den Pauschbetrag lediglich laufende und typische Mehraufwendungen von Behinderten abgegolten werden sollen.

Steuerberatung: Umbaukosten aufgrund einer Behinderung

Auch im Fall der schwerbehinderten Tochter eines Steuerpflichtigen, der mit BFH-Urteil vom 24.02.2011 – VI R 16/10 entschieden wurde, wurden die anteiligen angemessenen Kosten für den behindertengerechten Umbau einer kurz zuvor erworbenen Immobilie als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt. Die Tochter nutzt in einem Anbau mehrere Zimmer mit Bad und Küchenzeile. In einem sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung wurde bescheinigt, dass die Schaffung des barrierefreien Umfelds die Selbständigkeit der Tochter weiter fördere und den Pflegeaufwand reduziere. Nach Auffassung des BFH ist es unerheblich, ob die aufgrund der Krankheit oder Behinderung entstehenden Mehrkosten bei einem Neubau, der Modernisierung eines Altbaus oder des Umbaus eines bereits selbstgenutzten Eigenheims oder einer Mietwohnung entstehen.

Zu den abzugsfähigen Kosten für alters- und behindertengerechte Baumaßnahmen gehört bspw. ein behindertengerechtes Badezimmer, der Einbau einer rollstuhlgerechten Küche, die Verbreiterung einer Garage, der Anbau einer Rollstuhlrampe, ein barrierefreier Hauszugang, die rollstuhlgerechte Verbreiterung bzw. der Einbau von schwellenfreien Türen o.ä. Maßnahmen.

Umbaukosten aufgrund einer Behinderung

Ein steuerlich großes Problem bei den höheren Kosten für den behinderten- bzw. altersgerechten Umbau besteht durch das sogenannte Abflussprinzip nach § 11 Abs. 2 EStG. Demnach dürfen Aufwendungen, soweit sie dem Grunde und der Höhe nach abziehbar sind, nur in dem Kalenderjahr geltend gemacht werden, in dem sie auch tatsächlich bezahlt wurden. Dies hat der BFH in seinem o.a. Urteil vom 22.10.2009 entschieden. Allerdings hält der Senat es für denkbar, dem Steuerpflichtigen aus Billigkeitsgründen gem. § 163 Abgabenordnung ein Wahlrecht auf Verteilung der Aufwendungen einzuräumen. Nach Meinung der Finanzverwaltung ist eine Verteilung der Kosten auf mehrere Jahre ähnlich wie bei Abschreibungen oder größeren Erhaltungsaufwendungen jedoch ausgeschlossen (R 33.4 Abs. 5 Satz 2 EStR 2012). In einem Fall, der dem Finanzgericht (FG) des Saarlandes zur Entscheidung vorlag (Urteil vom 06.08.2013 – 1 K 1308/12) beantragten die Kläger in ihrer Steuererklärung für 2009 die (anerkannten) Umbaukosten i. H. v. 135.000 € auf 10 Jahre zu verteilen, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte für 2009 zu niedrig war, so dass sich die außergewöhnlichen Belastungen nicht in voller Höhe hätten auswirken können. Da Umbaumaßnahmen im Wohnungsbereich in aller Regel einmalig und sehr kostspielig sind, wird der vom Gesetzgeber gewollte steuerliche Entlastungseffekt nur zu einem geringen Teil erreicht, wenn die Aufwendungen ausschließlich im Jahr der Verausgabung berücksichtigt werden dürfen. Das Saarländische FG hält daher eine Billigkeitsregelung nach § 163 Satz 1 AO für angemessen, mit der Aufwendungen für Umbaumaßnahmen verteilt werden können. In Anlehnung an die Regelung des § 82b EStDV zur Verteilung größeren Erhaltungsaufwands im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 2 bis 5 Jahre hat es die Berücksichtigung der Kosten zu je 1/5 zum Abzug für 2009 bis 2013 zugelassen. Das Finanzamt hat hiergegen Revision beim BFH eingelegt (VI R 68/13). Sollte der vorstehende Sachverhalt auf Sie zutreffen, ist es für Sie empfehlenswert gegen noch nicht bestandskräftige Einkommensteuerbescheide Einspruch einzulegen. Die Einsprüche ruhen dann gem. § 363  Abs. 2 AO bis zur Entscheidung durch den BFH.

Mit dem Einbau eines Treppenliftes hat sich der BFH in seinem Urteil vom 06.02.2014 – VI R 61/12 befasst. Ein 91-jähriger Steuerpflichtiger hatte sich für 18.000 € einen Treppenlift einbauen lassen und dem Finanzamt eine Attest seines Hausarztes vorgelegt, nach dem ihm Treppensteigen unmöglich war. Das Finanzamt erkannte dies mit der Begründung nicht an, der Steuerpflichtige hätte vor dem Einbau ein Gutachten eines Amtsarztes oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) einholen müssen. Der BFH entschied anders: Zwar ist in § 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung eine abschließende Liste medizinischer Maßnahmen aufgeführt, für die vorab ein qualifizierter Nachweis eines Amtsarztes oder des MDK vorgelegt werden muss. Treppenlifte sind dort aber nicht genannt. Die aufgeführten „medizinischen Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind“ umfassen laut BFH nur solche technischen Hilfen, die getragen oder mit sich geführt werden, um sich im jeweiligen Umfeld bewegen oder zurechtfinden zu können als auch die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Daher ist für einen Treppenlift ein Attest des Hausarztes ausreichend.

Wenn Sie Umbaumaßnahmen vornehmen, die nicht oder nur zum Teil als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, sollten Sie prüfen, ob ggf. ein direkter Steuerabzug in Höhe von 20 % des Lohnanteils Ihres Handwerkers in Frage kommt. Dadurch können Sie aufgrund von § 35a EStG eine Steuerersparnis von bis zu 1.200 € je Kalenderjahr erhalten.